TikTok wehrt sich gegen Zwangsverkauf und US-Verbot: "Wir gehen nirgendwo hin!"

Nachdem TikTok in den USA zum Verkauf der App gezwungen werden soll, kündigt der TikTok-Chef den Kampf gegen das Gesetz an. Er erwartet einen Sieg vor Gericht.

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TikTok-Logo auf einem Smartphone, in dem sich die US-Flagge spiegelt.

(Bild: Camilo Concha/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Frank Schräer
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TikTok gibt nicht auf. Nur wenige Minuten, nachdem US-Präsident Joe Biden das vom US-Kongress verabschiedete Gesetz unterzeichnet hat, durch das die Kurzvideo-App zum Zwangsverkauf bewegt werden soll, hat der TikTok-Chef in den sozialen Netzwerken einen erfolgreichen juristischen Kampf dagegen angekündigt. "Wir gehen nirgendwo hin", sagte Shou Zi Chew per Video. "Die Fakten und die Verfassung sind auf unserer Seite und wir gehen davon aus, dass wir uns erneut durchsetzen werden."

Gestern hat eine große Mehrheit im US-Senat für den Zwangsverkauf von TikTok gestimmt und kurz darauf hat Biden das Gesetz unterschrieben. Damit hat der chinesische TikTok-Besitzer ByteDance 270 Tage Zeit, die App an (westliche) Investoren zu verkaufen, anderenfalls würde die beliebte App aus den App-Stores verbannt und damit effektiv verboten werden. ByteDance hatte zuvor bereits angekündigt, vor Gericht ziehen zu wollen.

ByteDance wird in den USA parteiübergreifend als chinesisches Unternehmen gesehen, das sich dem Willen der Kommunistischen Partei Chinas beugen müsse. Deshalb wird gewarnt, chinesische Behörden könnten sich in großem Stil Zugriff auf Daten von Nutzern und Nutzerinnen aus den USA verschaffen – und die äußerst beliebte Anwendung auch für politische Einflussnahme nutzen. TikTok hat das immer wieder bestritten.

TikTok hat nach eigenen Angaben 170 Millionen Nutzer und Nutzerinnen in den USA. Bereits 2020 wollte der damalige US-Präsident Donald Trump TikTok verbieten, aber dann doch nicht. US-Gerichte hatten in den Plänen für ein Verbot der App einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlich geschützte Redefreiheit vermutet. Letztes Jahr hat ein Richter ein TikTok-Verbot in Montana vorläufig gestoppt, weil dieses wohl verfassungswidrig ist.

TikTok betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. ByteDance sei zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren. Der Firmensitz liege auf den Caymaninseln in der Karibik. Allerdings kontert die US-Politik, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und das Hauptquartier von ByteDance in Peking stehe, wo man sich dem Einfluss der Behörden nicht entziehen könne.

Die Unterschrift Bidens setzt TikTok und ByteDance eine Frist zum 19. Januar 2025 – einen Tag vor dem Ende der Amtszeit des derzeitigen US-Präsidenten. Allerdings kann er das Fristende um drei Monate verschieben, sollte ByteDance erkennbare Fortschritte machen, schreibt Reuters. "Wir wollen kein Verbot sehen", erklärte eine Sprecherin des Weißen Hauses vor wenigen Tagen. "Hier geht es um die Eigentümerschaft der Volksrepublik China."

In China selbst sind westliche soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram und Threads verboten – aus Gründen nationaler Sicherheit. Erst letzte Woche musste Apple WhatsApp und Threads in China aus dem App Store nehmen, nachdem noch bestehende Schlupflöcher etwa durch VPN-Dienste geschlossen wurden. Verkompliziert wird das Vorgehen der US-Politik gegen TikTok von der großen Beliebtheit der App: So hatte Joe Biden zwar früh Unterstützung für die Gesetzespläne angekündigt, gleichzeitig nutzt sein Team die App inzwischen für Wahlwerbung.

Das mögliche Verbot TikToks ist aber auch innerhalb der USA politisch umstritten – parteiübergreifend. Die American Civil Liberties Union (ACLU) erklärte, ein TikTok-Verbot würde "einen alarmierenden globalen Präzedenzfall für die übermäßige staatliche Kontrolle über Social-Media-Plattformen schaffen". Der demokratische Senator Ron Wyden warnt, dass der Gesetzentwurf "weitreichende Befugnisse bietet, die von einer künftigen Regierung missbraucht werden könnten, um die Rechte der Amerikaner nach dem ersten Verfassungszusatz zu verletzen."

Fraglich ist zudem, ob es einen potenziellen Käufer für TikTok gibt, der über die finanziellen Ressourcen verfügt, und ob China und die US-Aufsichtsbehörden einem Verkauf zustimmen würden. Chinas Regierung hat bereits signalisiert, dass einem erzwungenen Verkauf von TikTok in den USA nicht zugestimmt werden würde. Man würde es eher darauf ankommen lassen, dass die App verboten wird.

(fds)